Wissen:Japanische Messer

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Hōchō (包丁), in Zusammensetzungen: -bōchō heißt auf japanisch Küchenmesser. Es gibt die Unterscheidung zwischen Wabōchō und bōchō, wobei Wa- für japanische (traditionelle Formen, oft auch handgeschmiedet) und Yō- für im westlichen Stil hergestellte (größtenteils maschinelle Fertigung) Messer steht.

Japanische Messer unterscheiden sich in einigen Merkmalen von ihren westlichen Pendants: In der Regel besitzen die Stähle, die bei japanischen Messern bis zum heutigen Tage verwendet werden, sehr hohe Kohlenstoffanteile (zwischen 0,6 % und 1 %). Diese Stähle sind dadurch schwer zu verarbeiten, besitzen jedoch den Vorteil einer enormen Härte. Gute westliche Messer liegen in der Regel bei 56 bis 58° HRC, während japanische Messer je nach verwendetem Stahl eine Härte zwischen 58 und 65° HRC aufweisen. Da diese Stähle jedoch durch die enorme Härte auch sehr spröde sind, bedienen sich japanische Schmiede eines von verschiedener Tricks der Schmiedetechnik:

  1. Während westliche Messer meist aus einem Stück Metall geschmiedet werden, bestehen japanische Messer oft aus zwei bis drei Schichten: einem harten, spröden Kern und einem Mantel aus elastischerem Stahl oder Eisen. (Kasumi)
  2. Honyaki-geschmiedete Messer bestehen aus einem einzigen Kohlenstoffstahl, der aber partiell gehärtet wird, so dass die Schneide extrem hart, aber der Rücken vergleichbar flexibel bleibt. Diese Messer sind sehr empfindlich und aufgrund der schwer zu beherrschenden Herstellungstechnik recht teuer. Die partielle Härtung der Klinge ist oft an einer Verfärbung des Stahls im Schneidenbereich zu erkennen. Die Grenze zum weicheren Teil der Klinge ist wellenförmig und wird Hamon genannt.
  3. Auch werden Damast-Stähle (Suminagashi) eingesetzt, die durch Ätzung ein typisches Muster zeigen. Diese Stähle sind immer symmetrisch aufgebaut, wobei die mittlere Lage, die Schneidlage, eine höhere Härte als die anderen Lagen hat.

Westliche Messer werden in der Regel mit einem Winkel von 20–25° beidseitig geschliffen. Japanische Messer lassen sich durch die härteren Stahlsorten steiler und dadurch schärfer schleifen. Normalerweise beträgt der Winkel zwischen 15 und 18°. Viele japanische Messer werden einseitig (Kataba) geschliffen.

Japanische Messer, insbesondere handgeschmiedete Meisterstücke (mit überragenden Eigenschaften und der Möglichkeit, sie rasierklingenscharf zu schleifen) können hohe dreistellige, sogar vierstellige Euro-Beträge kosten. In der Hand des erfahrenen Anwenders entfalten sie ihre volle Leistungsfähigkeit.

Stahl[Quelltext bearbeiten]

Überwiegend werden die Yasugi-Stähle des japanischen Unternehmens Hitachi eingesetzt:

Weißpapierstahl (Shirogami 紙)
Ein unlegierter Kohlenstoffstahl, der dem Stahl für Schwerter (Tamahagane) sehr nahe kommt. Sehr hohe Schärfe und Schnitthaltigkeit zeichnen den nicht rostfreien ihn aus.
Blaupapierstahl (Aogami 青紙)
Ein mit Mangan, Chrom und Wolfram legierter Kohlenstoffstahl. Dieser Stahl ist robuster als Weißpapierstahl und wird deshalb gerne für Hackmesser (Deba) und Ähnliches eingesetzt. Er ist ebenfalls nicht rostfrei.
Silberpapierstahl (Gingami 銀紙)
Der rostfreie Stahl wird für Messer verwendet, die eine hohe Robustheit, jedoch keine hohe Schärfe erfordern.

Eine gute Übersicht mit vielen Details findet sich auf der Seite von Morita.

Formen[Quelltext bearbeiten]

Deba[Quelltext bearbeiten]

Das japanische Deba besitzt eine sehr breite (4 bis 6 mm) und feste Klinge. Die Länge der Klinge ist äußerst variabel, zwischen 8 und 20 cm. Üblich sind jedoch Deba mit Klingenlängen um 12 cm, die grundsätzlich einseitig geschliffen sind. Die kräftige Klinge des Diba wird zum groben Zerteilen von Fisch und Hühnchen verwendet, da mit seiner Klinge auch Gräten und kleine Knochen zerteilt werden können. Zum Durchschlagen von Knochen und Gräten wird die Schneide des Deba auf das zu trennende Gut gesetzt und mit der Hand/Faust, in schweren Fällen mit einem kleinen Holzhammer, auf den Messerrücken geschlagen. Ein Hacken mit dem Deba, gleich einem Küchenbeil, kann die spröde Klinge schädigen.

Gyuto[Quelltext bearbeiten]

Das Gyuto Hocho ist dem westlichen Kochmesser sehr ähnlich und besteht aus dreilagigem Stahl. Die innere Lage aus Karbonstahl ist hochfest und erlaubt einen sehr scharfen Schliff. Solche Messer sind ideal zum präzisen und sauberen Schneiden.

Nakiri[Quelltext bearbeiten]

Das Nakiri-Messer ist ein besonders scharfes und präzises Gemüsemesser mit beidseitigem Anschliff. Die Klinge ist ca. 20 cm lang und kastenförmig. Im Gegensatz zum Santoku verfügt es über eine gerade Klingenlinie. Mit dem Nakiri wird weniger durch Hin- und Herbewegen der Klinge geschnitten, sondern eher mit dem Druckschnitt.

Santoku[Quelltext bearbeiten]

Das Santoku ist ein japanisches „Vielzweckmesser“. Übersetzt heißt Santoku „drei Tugenden“ – Tugenden im weitesten Sinne, denn es hat die Güte gleichermaßen in Fisch, Fleisch und Gemüse zu schneiden. Die Klinge ist zwischen 14 und 18 cm lang und zwischen 2 und 6 mm stark und fast immer beidseitig geschliffen. Santokus werden mittlerweile weltweit herstellt, die billigen Ausführungen werden unter dem Handelsnamen „Japanmesser“ verkauft.

Soba-Kiri[Quelltext bearbeiten]

Das Soba-Kiri ist vielleicht das ungewöhnlichste japanische Messer. Wie der Name vermuten lässt, dient es tatsächlich dem Schneiden von Soba. Das Soba-Kiri kannn über 30 cm lang sein und ein knappes Kilogramm wiegen. Der Griff ist über der Klinge angebracht.

Usuba[Quelltext bearbeiten]

Das Usuba gleicht dem Nakiri, ist jedoch nur einseitig geschliffen. Es ist das einzige Messer, mit dem der Katsuramuki-Schnitt, mit dem ein zylindrisches Stück Gemüse in eine lange, dünne Bahn geschnitten wird, durchgeführt werden kann.

Yanagiba[Quelltext bearbeiten]

Das Yanagiba ist ein schlankes langes Messer, das zum Schneiden und Filetieren von Fisch verwendet wird. Ähnlich wie das westliche Lachsmesser ist die Klinge sehr lang, um einzelne Filetstreifen in nur einem Zug schneiden zu können. Yanagiba sind immer einseitig geschliffen und besitzen Klingenlängen zwischen 20 und 30 cm.

Verwendung[Quelltext bearbeiten]

Die Standardschnitttechnik ist der ziehende Schnitt. Dazu steht der Koch etwa zwei Handbreit von der Arbeitsplatte entfernt mit dem linken Fuß im 90 °C-Winkel zur Kante der Platte. Der rechte Fuß steht einen halben Schritt nach hinten und um etwa 45 °C gedreht, wodurch der rechte Arm sich frei vor und zurück bewegen kann.

Das nicht benutzte Messer ruht immer mit der empfindlichem Spitze auf einem gefalteten Baumwolltuch, mit dem es zwischendurch immer wieder abgewischt wird.

Reinigung und Pflege[Quelltext bearbeiten]

Hocho werden nur richtig von Hand auf Banksteinen geschärft. Beim und nach Gebrauch werden sie mit heißem Wasser ggf. unter Spülmittelzusatz abgespült und mit einem Tuch getrocknet. Die Spülmaschine ist absolut tabu. Die Reinigung soll unmittelbar nach Benutzung erfolgen, um Verfärbungen oder gar Rost zu vermeiden. Säure- und -schwefelhaltige Lebensmittel erzeugen auf Dauer eine Patina, die man belassen sollte.

Die Aufbewahrung erfolgt in einer Pappschachtel, einem Messerbock oder an einer Magnetleiste, niemals in einer Besteckschublade, in der die empfindlichen Schneiden durch Anstoßen leiden können.

Länger nicht benutzte Messer sollte man einölen. Dazu eignen sich sehr gut natürliches Kamelienöl oder Weißöl in medizinischer Qualität, das ausreichend vor Korrosion schützt und unbedenklich im Sinne des Lebensmittelgesetzes ist.

Trivia[Quelltext bearbeiten]

Obwohl viele japanische Messer eindeutig einem Verwendungszweck zugeordnet sind, muss sich der Anwender nicht sklavisch daran halten oder befürchten, das Messer bzw. Schneidgut zu "vergewaltigen". Ein Deba, vorgesehen für Fischverarbeitung, ist gleichermaßen für Fleisch und Geflügel geeignet und tut als Wiegemesser für Gemüse durchaus seinen Job. Das Yanagi ba, auch ein Fischmesser, ist natürlich auch am Schinken ein gutes Werkzeug. So ist es mit allen Messern. Es ist auch eine Frage der Gewohnheit, was man mit welchem Messer gerade tut.

Siehe auch[Quelltext bearbeiten]